Die Macht des Wortlauts: Wie uns das Wording beeinflussen kann
In der Psychologie besagt der Wording-Effekt, dass das Antwortverhalten von Befragten von der Formulierung der Ausgangsfrage abhängig ist. Die Wahl und Reihenfolge der Wörter beeinflusst in Befragungen die Teilnehmer:innen. Auch Sie würden bei dieser Frage einmal mehr über ihre Antwort nachdenken und diese bewusst oder sogar unbewusst verändern: “Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, nur zwei Mal pro Woche Fleisch zu essen. Wie häufig essen Sie Fleisch in der Woche?”
Aber wie beeinflusst Wording uns im alltäglichen Leben? Wie stark ist der Einfluss der Wortwahl im Journalismus auf unser Denken und Handeln? In der heutigen digitalen Welt ist die Kommunikation wichtiger denn je, und Artikel sind ein häufig genutztes Mittel, um Informationen zu teilen und Meinungen zu verbreiten. Doch wie Worte in Artikeln gewählt werden, kann erhebliche Auswirkungen haben. Das "Wording" oder die Wortwahl in Artikeln kann subtile, aber dennoch bedeutende negative Auswirkungen auf die Leser und die Gesellschaft insgesamt haben.
Framing und Bias
Die Wahl der Worte in Artikeln kann dazu führen, dass bestimmte Themen in einem positiven oder negativen Licht erscheinen. Dies wird oft als "Framing" bezeichnet. Bestimmte Gruppen oder Ideen können durch Wording auch voreingenommen dargestellt werden. Ein Beispiel dazu ist das Wort “Flüchtlingswelle”, welches 2015 in einigen Berichterstattungen vorgekommen ist und vor allem durch den eskalierenden Krieg in Syrien entstanden ist. Der Begriff wurde zwar oft ohne Hintergedanken verwendet, hatte allerdings trotzdem eine große Auswirkung auf die Gesellschaft.
“Das ändert aber nichts an der Wirkung eines solchen Begriffs, der als Frame vermutlich bei vielen Mediennutzenden die bildhafte Vorstellung von Menschenmassen hervorruft, die wie eine Welle heranrauschen. Eine Naturgewalt also, die man als bedrohlich empfindet und der man machtlos ausgeliefert ist. Was soll man angesichts einer solchen "Welle" tun? Für viele ist die Assoziation naheliegend: Dämme und Schutzmauern bauen.”, so das Bonn Institut in ihrer Serie “Psychologie im Journalismus”.
Sensationsjournalismus
Sensationsjournalismus ist eine weit verbreitete Praxis, bei der Artikel durch dramatische oder schockierende Wortwahl die Aufmerksamkeit der Leser erregen. Dies kann dazu führen, dass Leser auf negative und alarmierende Aspekte von Geschichten fixiert werden, anstatt eine ausgewogene Perspektive zu erhalten. Sensationelle Wortwahl kann Ängste und Vorurteile schüren, die zu einem verzerrten Verständnis der Realität führen.
Politisierung und Spaltung
Politische Artikel sind oft stark mit Wording verbunden. Einseitige oder polarisierende Wortwahl kann dazu führen, dass Leser entweder in ihrer eigenen Meinung bestärkt werden oder in Opposition zu anderen Gruppen stehen. Dies trägt zur Spaltung der Gesellschaft bei und erschwert konstruktive Diskussionen und Kompromisse.
Fehlinformation und Fake News
Jährlich werden rund 78 Milliarden US Dollar weltweit wegen Schäden durch Fake News ausgegeben. Die Hälfte wird durch Verluste an der Börse und Volatilität verursacht, so eine Statistik von Statista.
Wording kann dazu verwendet werden, um falsche Informationen glaubwürdiger erscheinen zu lassen. Wenn Artikel mit einer überzeugenden Wortwahl präsentiert werden, können sie leichter akzeptiert werden, selbst wenn sie keine Fakten oder Quellen zur Untermauerung der Behauptungen enthalten. Dies trägt zur Verbreitung von Fehlinformationen und Fake News bei.
Emotionale Auswirkungen
Es ist in unserem Gehirn nachweisbar, dass das Aussprechen negativer Emotionen, die Gefühlslage regulieren kann, allerdings kann das Zuordnen dieser zu einer Festsetzung führen.
Die Wahl der Worte in Artikeln kann starke emotionale Reaktionen bei den Lesern hervorrufen. Negative oder alarmierende Wortwahl kann Ängste, Wut oder Trauer auslösen. Dies kann nicht nur die mentale Gesundheit der Leser beeinflussen, sondern auch zu einem Klima der Angst und Unsicherheit in der Gesellschaft beitragen.
Schuldzuweisungen
Die Satzkonstruktion und das Wording beeinflussen unseren Eindruck auf eine bestimmte Situation.
"Subtile Unterschiede in den sprachlichen Beschreibungen können die Art und Weise verändern, wie Menschen das Geschehene konstruieren, Schuld zuweisen und Strafen verhängen", so Borodistky, eine Assistenzprofessorin für kognitive Psychologie, in einer ihrer Studien.
Ein häufig diskutiertes Beispiel ist hier das der Femizidberichterstattung. Worte wie: “Eifersuchtsdramen”, “Liebesdramen” oder “Familientragödie” verharmlosen Gewalt gegen Frauen. “Frauen werden Studien zufolge bei Sexualdelikten oder Femiziden häufig als passiv und schwach dargestellt.”, so journalist.de, eine Seite die sich damit befasst den Journalismus zu verbessern. Mit ganzen 23 Prozent an Personen, die meinen, dass Gewalt oft provoziert werde landet Österreich im EU Vergleich an letzter Stelle. Dies kann durch eine Besserung der Berichterstattung und einem genauen Achten auf die Wortwahl verändert werden.
Es ist wichtig zu betonen, dass Wortwahl nicht nur eine Frage der Ethik, sondern auch der Verantwortung ist. Journalisten und Autoren sollten sich bewusst sein, wie ihre Worte die Wahrnehmung von Themen beeinflussen können. Leser sollten ihrerseits kritisch sein und verschiedene Quellen konsultieren, um eine ausgewogene Sicht auf die Dinge zu erhalten.
Insgesamt zeigt die Macht des Wording in Artikeln, dass die Wahl der Worte nicht nur den Inhalt, sondern auch die Wahrnehmung und die Auswirkungen von Informationen beeinflusst. Es liegt an uns allen, kritisch zu denken und sicherzustellen, dass wir Artikel und Nachrichten mit Bedacht lesen und interpretieren.